Aktuelles Urteil zur Katarakt-Operation mit Femtosekundenlaser
Häufig angewendete Abrechnungspraxis ist nicht korrekt
Im Urteil des Amtsgericht Heidelberg vom 22. Mai 2019 (Az. 30 C 112/18) wird die in der Praxis weit verbreitete Abrechnungsweise für die Femto-Katarakt-Operation mit der analogen GOÄ-Nr. 5855 neben der GOÄ-Nr. 1375 (Extrakapsuläre Operation des Grauen Stars mittels gesteuerten Saug-Spül-Verfahrens oder Linsenkernverflüssigung (Phakoemulsifi kation) gegebenenfalls einschließlich Iridektomie, mit Implantation einer intraokularen Linse) als nicht korrekt bezeichnet.
Die Gründe
Das Gericht folgte der den Ausführungen des Sachverständigen, seines Zeichens Ärztlicher Direktor einer Universitäts-Augenklinik, wonach es sich bei dem Einsatz des Femtosekundenlasers um eine nicht selbständige Leistung im Sinne von § 4 (2a) GOÄ und § 6 (2) GOÄ handelt.
Erläuterung
Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann zur „Haupt-Abrechnungsnummer“ – hier: GOÄ-Nr. 1375 – keine zusätzliche Gebühr berechnet werden. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte (§ 4 (2a) GOÄ).
Die Schaffung eines Zugangs zum Operationsgebiet ist ein methodisch notwendiger und damit unerlässlicher Teilschritt der Katarakt-Operation. Dabei ist es für die Abrechnung der Leistung unerheblich, ob der Zugang händisch mittels Schnitttechnik oder unter Zuhilfenahme eines Femtosekundenlasers („besondere Ausführung“) erfolgt; auch, wenn dieses Verfahren für den Patienten schonender ist, oder dem Arzt hierbei höhere Kosten entstehen.
In der Rechnung des Beklagten war die GOÄ-Nr. 5855 in analoger Weise aufgeführt. Auch dieser Umstand konnte die Abrechnung der Gebühr nicht rechtfertigen, denn gem. § 6 (2) GOÄ dürfen nur selbständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Hier fehlt es an der für die Analogabrechnung geknüpfte Bedingung der „Selbständigkeit“ der Leistung. Selbständige Leistungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht Teil einer anderen Leistung des Gebührenverzeichnisses sein dürfen.
Fazit:
1. Es handelt sich beim Einsatz des Femtosekundenlasers um die besondere Ausführung der Leistung gem. der GOÄ-Nr. 1375 (Katarakt-Operation).
2. Der Einsatz des Femtosekundenlasers ist ein Leistungsbestandteil der GOÄ-Nr. 1375.
Korrekte Abrechnung gemäß aktuellem Urteil AG Heidelberg
Die korrekte Abrechnung der Katarakt-Operation mit Linsenimplantation und unter Zuhilfenahme eines Femtosekundenlasers erfolgt mit der GOÄ-Nr. 1375 zzgl. GOÄ-Nr. 441 (Zuschlag für die Anwendung eines Lasers bei ambulanten operativen Leistungen, je Sitzung) zzgl. GOÄ-Nr. 445 (Zuschlag bei ambulanter Durchführung von operativen Leistungen, die mit Punktzahlen von 1200 und mehr Punkten bewertet sind) zzgl. Materialkosten gem. § 10 GOÄ.
Empfehlung
Wer nach der aktuellen Rechtsprechung Rückforderungsansprüche vermeiden will, auf ein höheres Honorar aber nicht verzichten möchte, hat gem. § 2 GOÄ die Möglichkeit, mit den Patienten vor der Behandlung eine „Abweichende Vereinbarung“ zu treffen. Umgangssprachlich ist häufig von einer „Abdingungsvereinbarung“ die Rede. Abbedungen wird hierbei jedoch nicht die Gebührenordnung, sondern die Höhe des ärztlichen Honorars. So kann ggf. ein Abrechnungsfaktor oberhalb des Höchstfaktors mit den Patienten vereinbart werden. Möglich wäre dies in Bezug auf die Femto-Katarakt-Operation z. B. für die GOÄ-Nr. 1375, nicht aber für die Zuschläge gem. den GOÄ-Nummern 441 und 445. Eine Erstattung der Behandlungskosten durch PKV-Unternehmen ist nicht gewährleistet, worauf die Patienten in der Vereinbarung entsprechend hingewiesen werden müssen.
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Kundenmagazin up date 04/2019
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