Analog-Abrechnung – Ein Buch mit sieben Siegeln?
Was hält die GOÄ bis heute „jung“?
Dank des Paragraphen 6 (2) der GOÄ, der die Analog-Abrechnung regelt, ist es überhaupt möglich, moderne ärztliche Leistungen mit einer Gebührenordnung, die aus dem Jahr 1996 stammt, noch abrechnen zu können.
Wortlaut § 6 (2) GOÄ:
„Selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden.“
Wie ist § 6 (2) GOÄ zu verstehen?
Neuartige ärztliche Leistungen, die im Gebührenverzeichnis der GOÄ (noch) mit keiner GOÄ-Nummer abgebildet sind, werden bei einer analogen Abrechnung ersatzweise mit einer anderen GOÄ-Nummer abgerechnet.
Warum dann nicht einfach pauschal abrechnen?
Eine Pauschalabrechnung wäre in einem solchen Fall zwar einfacher, ist aber nicht erlaubt. Gem. § 1 (1) GOÄ bestimmen sich die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte nach dieser Verordnung, soweit nicht durch ein Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist.
Was ist bei der Auswahl der Analog-Nummer zu beachten?
Drei wichtige Kriterien muss die Leistung, für die eine Analog-Nummer ausgewählt werden soll, erfüllen:
- Sie darf im Gebührenverzeichnis nicht aufgeführt sein.
- Sie muss „selbständig“ sein. Das heißt, sie darf nicht Teil einer anderen Leistung sein z. B. Bauchhöhleneröffnung bei Blinddarmentfernung.
- Sie muss gleichwertig sein in Bezug auf Art, Kosten- und Zeitaufwand
Was bedeutet „gleichwertig“?
Anhand des folgenden Beispiels lässt sich diese Frage am besten beantworten:
Eine Nadel-Akupunktur zur Allergiebehandlung soll abgerechnet werden
- Die Leistung ist im Gebührenverzeichnis nicht aufgeführt.
- Es handelt sich um eine „selbstständige“ Leistung, da die Nadel-Akupunkturzur Allergiebehandlung nicht Teil einer anderen Leistung ist.
Zur Auswahl einer Analog-Nummer bieten sich zwei GOÄ-Nummern an:
1. GOÄ-Nr. 269
Akupunktur (Nadelstich-Technik) zur Behandlung von Schmerzen, je Sitzung
2. GOÄ-Nr. 269a
Akupunktur (Nadelstich-Technik) mit einer Mindestdauer von 20 Minuten zur Behandlung von Schmerzen, je Sitzung
Beide GOÄ-Nummern sind ursprünglich nur zur Behandlung von Schmerzen mittels Nadel-Akupunktur und demnach nicht als Original-GOÄ-Nummern für die Behandlung von Allergien berechnungsfähig.
Welche der beiden GOÄ-Nummern die passende Analog-Nummer sein kann, hängt vom Zeitaufwand der Allergie-Akupunkturbehandlung ab, denn entscheidende Leistungsinhalte der Original-GOÄ-Nummer werden an die Analog-Nummer „vererbt“. Soll die GOÄ-Nr. 269a in diesem Beispiel als Analog-Nummer herangezogen werden, so muss die Behandlungszeit für die Allergie-Akupunktur ebenfalls mindestens 20 Minuten betragen, denn sonst wäre die Leistung nicht „gleichwertig“; im anderen Fall müsste stattdessen die GOÄ-Nr. 269 hierfür ausgewählt werden.
Wie werden Analog-Nummern in der Rechnung dargestellt?
Gem. § 12 (4) GOÄ „…ist die entsprechend bewertete Leistung für den Zahlungspflichtigen verständlich zu beschreiben und mit dem Hinweis entsprechend sowie der Nummer und der Bezeichnung der als gleichwertig erachteten Leistung zu versehen.“
Bezogen auf das Beispiel der Allergie-Akupunkturbehandlung würde die Rechnung so aussehen:
GOÄ-Nr. 269a Akupunktur (Nadelstich-Technik) mit einer Mindestdauer von 20 Minuten zur Behandlung von Schmerzen, je Sitzung.
Entsprechend § 6 (2) GOÄ analog:
Akupunktur (Nadelstich-Technik) mit einer Mindestdauer von 20 Minuten zur Behandlung einer Allergie, je Sitzung
Zuerst wird der Originaltext der GOÄ-Nummer genannt, dann der Verweis auf den Paragraphen 6 (2) der GOÄ, gefolgt von der Beschreibung des tatsächlich erbrachten Leistungsinhalts.
Keine Neuerfindung durch Analog-Abrechnung!
Um die im Paragraphen 6 (2) GOÄ geforderte Gleichwertigkeit sicher zu stellen, werden alle „Do´s und Don`t´s“ der Original-GOÄ-Nummer an die Analog-Nummer weitergegeben, denn mit der Auswahl einer GOÄ-Nummer zur analogen Abrechnung einer Leistung, wird keine neue Gebührennummer geschaffen (siehe auch „GOÄ-Ratgeber Deutsches Ärzteblatt 108, Heft 39 vom 30.09.2011, S. A-2056, Dr. A. Pieritz, Bundesärztekammer).
Dies betrifft insbesondere:
- Gebührenrahmen (identische Abrechnungsfaktoren)
- Mindestdauern
- Einschränkungen der Nebeneinanderberechnung bei Kombination mit
anderen GOÄ-Nummern - Einschränkungen in der Abrechnungshäufigkeit z. B. „im Behandlungsfall“, „im Kalenderjahr“ oder „je Sitzung“ (wie auch hier im Beispiel)
- Möglichkeit der Abrechnung von Zuschlägen
- Einzel- oder Gruppenbehandlung
Analogverzeichnis der Bundesärztekammer
Auch das Analogverzeichnis der Bundesärztekammer enthält keine neuen GOÄ-Nummern. Die darin aufgeführten Analog-Nummern greifen stets auf eine Original-Nummer aus dem Gebührenverzeichnis der GOÄ zurück, auch wenn die Bundesärztekammer darin sog. „Platzhalter-Nummern“ vergeben hat.
Beispiel:
A3732 (= Platzhalter-Nummer der BÄK) – Troponin-T-Schnelltest analog Nr. 3741 (= Original-GOÄ-Nummer)
A3732 „erbt“ den Gebührenrahmen der Original-GOÄ-Nummer (Faktor 1,0 – 1,3; Schwellenwert-Faktor 1,15).
Das „schwere Erbe“ der Analog-Nummern an Beispielen augenärztlicher Leistungen
Beispiel 1:
Werden diese beiden Leistungen in einer Sitzung erbracht, sind die einschränkenden Abrechnungsbestimmungen der Original-GOÄ-Nummern, auf die beide Analog-Nummern zurückgreifen, zu beachten:
A 7009 – Quantitative topographische Untersuchung der Hornhautbrechkraft mittels computergestützter Videokeratoskopie, ggf. an beiden Augen
analog GOÄ-Nr. 415 (= Ultraschalluntersuchung im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge – ggf. einschl. Biometrie und Beurteilung der Organentwicklung)
und:
A 7015 – Optische und sonographische Messung der Vorderkammertiefe
und/oder der Hornhautdicke des Auges
analog GOÄ-Nr. 410 (= Ultraschalluntersuchung eines Organs)
…denn eine Abrechnungskombination der GOÄ-Nummern 415 und 410 ist gemäß den Allgemeinen Bestimmungen vor Abschnitt C VI Sonographische Leistungen 3. nicht erlaubt:
„Die Zuschläge bzw. Leistungen nach den Nummern 410 bis 418 sind nicht nebeneinander berechnungsfähig.“
Beispiel 2:
Es gilt dieselbe einschränkende Bestimmung wie im Beispiel 1.
A 7009 – Quantitative topographische Untersuchung der Hornhautbrechkraft mittels computergestützter Videokeratoskopie, ggf. an beiden Augen
analog GOÄ-Nr. 415 (= Ultraschalluntersuchung im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge – ggf. einschl. Biometrie und Beurteilung der Organentwicklung)
und:
A 7014 – Ultraschall-Biomikroskopie der vorderen Augenabschnitte, einmal je Sitzung
analog GOÄ-Nr. 413 (= Ultraschalluntersuchung der Hüftgelenke bei einem Säugling oder Kleinkind bis zum vollendeten 2. Lebensjahr)
Beispiel 3:
A 7011 – Biomorphometrische Untersuchung des hinteren Augenpols, ggf. beidseits
analog GOÄ-Nr. 423 (= Zweidimensionale echokardiographische Untersuchung mittels Real-Time-Verfahren (B-Mode), mit Bilddokumentation – einschl. der Leistung nach Nummer 422)
und:
A 7017 – Zweidimensionale Laserdoppler-Untersuchung der Netzhautgefäße mit Farbkodierung, ggf. beidseits
analog GOÄ-Nr. 424 (= Zweidimensionale Doppler-echokardiographische Untersuchung mit Bilddokumentation – einschl. der Leistung nach Nummer 423 – Duplex-Verfahren)
plus analog Zuschlag GOÄ-Nr. 406 (= Zuschlag zu der Leistung nach Nummer 424 – bei zusätzlicher Farbkodierung)
Zwei Bestimmungen schließen in diesem Beispiel eine Nebeneinander-Berechnung aus:
1. Allgemeine Bestimmungen vor Abschnitt C VI Sonographische Leistungen 4.: „Die Leistungen nach den Nummern 422 bis 424 sind nicht nebeneinander berechnungsfähig.“
2. Leistungszifferntext der GOÄ-Nr. 424 „…einschl. der Leistung nach Nummer 423“.
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Kundenmagazin up date 02/2018
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