Angemessene Honorare sind das Ziel!
Bestimmung der Faktorhöhe gemäß § 5
Die Gebühren für zahnärztliche Leistungen müssen vom Zahnarzt gemäß § 5 GOZ bemessen werden – sofern keine Vergütungsvereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GOZ getroffen wurde. Die Bemessung der Gebühren gestaltet sich jedoch zunehmend problematisch, da die GOZ in wirtschaftlicher Hinsicht (Punktzahl und Punktwert) auf dem Stand von 1988 stehen geblieben ist und dem Anspruch an betriebswirtschaftlich angemessene Honorare nicht mehr gerecht wird.
§ 5 GOZ im Wortlaut
(1) Die Höhe der einzelnen Gebühr bemisst sich nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes. Gebührensatz ist der Betrag, der sich ergibt, wenn die Punktzahl der einzelnen Leistung des Gebührenverzeichnisses mit dem Punktwert vervielfacht wird. Der Punktwert beträgt 5,62421 Cent.
Bei der Bemessung von Gebühren sind sich ergebende Bruchteile eines Cents unter 0,5 abzurunden und Bruchteile von 0,5 und mehr aufzurunden; die Rundung ist erst nach der Multiplikation mit dem Steigerungsfaktor nach Satz 1 vorzunehmen.
(2) Innerhalb des Gebührenrahmens sind die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen.
Die Schwierigkeit der einzelnen Leistung kann auch durch die Schwierigkeit des Krankheitsfalles begründet sein. Bemessungskriterien, die bereits in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt worden sind, haben hierbei außer Betracht zu bleiben.
Der 2,3-fache Gebührensatz bildet die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung ab; ein Überschreiten dieses Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen; Leistungen mit unterdurchschnittlichem Schwierigkeitsgrad oder Zeitaufwand sind mit einem niedrigeren Gebührensatz zu berechnen.
Kommentar
§ 5 Abs. 1 eröffnet für die Berechnung der einzelnen Gebühr einen Rahmen vom Einfachen bis zum Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes. Der „Gebührensatz“ ist der Betrag, der sich ergibt, wenn die einer Leistung zugeordnete Punktzahl mit dem Punktwert multipliziert wird.
§ 5 Abs. 1 Satz 3 der GOZ 1988 setzte den Punktwert zum 1. Januar 1988 auf 11 Deutsche Pfennige fest. Hierzu wurde in der damaligen Verordnungsbegründung festgehalten: „dem Punktwert (kommt) … die Funktion zu, den Wert der Punktzahlen im Preisgefüge anderer Dienstleistungen zu bestimmen“ … „der Punktwert wird anhand der wirtschaftlichen Entwicklung von Zeit zu Zeit überprüft und je nach Datenlage eventuell nach oben oder unten angepasst werden müssen.“ Der Punktwert hat also die Funktion, als Multiplikator den Wert der Punktzahlen zu bestimmen, die wirtschaftliche Entwicklung soll hier berücksichtigt werden.
Dieser Aufgabe ist der Verordnungsgeber jedoch durch die auch in der GOZ 2012 unterlassene Anpassung des Punktwertes nicht nachgekommen. Im Rahmen der Novellierung der GOZ wurden zwar einige Gebührenpositionen hinzugefügt und weggelassen, der Punktwert aber blieb unverändert; seit der Euroumstellung ist er auf 5,62421 Cent festgesetzt.
Bezogen auf das Jahr 1988 hat der Verbraucherindex in Deutschland einen Anstieg von 58,7% erfahren – das GOZ-Honorar hingegen blieb unverändert und unterlag insofern in jedem Jahr einer Abwertung.
Steigerungsfaktor
§ 5 Abs. 2 legt fest, wie innerhalb des Gebührenrahmens die individuell „richtige“ Höhe der Gebühr zu ermitteln ist. Der erste Satz bestimmt, dass die Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens nach „billigem Ermessen“ zu bestimmen sind, d. h. der Behandler einen angemessenen Preis für seine Leistung festsetzen kann. Diese Regelung und ihre Auslegung sind häufiger Streitpunkt zwischen Behandler und Patient bzw. dessen Kostenträger.
Für den Ansatz eines Steigerungsfaktors im Bereich von 1,0- bis 2,3-fach bedarf es keiner Begründung, überschreitet der Zahnarzt den 2,3-fachen Faktor, muss er dies schriftlich und nachvollziehbar begründen. Dann muss die Rechnung eine Formulierung enthalten, die den besonderen Schwierigkeitsgrad, den höheren Zeitaufwand sowie die Umstände bei der Ausführung begründet. Begründungen, die sich auf den Einsatz eines teuren Gerätes oder auf hohe Materialkosten beziehen, scheiden zur Rechtfertigung einer Überschreitung des Schwellenwertes grundsätzlich aus.
Urteil: Das Unterschreiten des Mindestsatzes
Laut Urteil des LG Frankfurt am Main vom 01.07.2015 (Az. 2-06 O 45/15) ist das Unterschreiten des Mindestsatzes der GOZ unzulässig. Der 3,5-fache Steigerungsfaktor ist der höchstmögliche Satz, der gemäß § 5 GOZ berechnet werden kann; wird vor Behandlungsbeginn jedoch eine Honorarvereinbarung gemäß § 2 GOZ abgeschlossen, können auch Faktoren über dem 3,5-fachen Faktor berechnet werden.
Eine Honorarvereinbarung ist nicht an besondere Gründe im Sinne des § 5 GOZ (Schwierigkeit, Zeitaufwand oder Umstände bei der Ausführung) gebunden. Sie kann auch aufgrund einer weit überdurchschnittlichen Qualität und Präzision der zahnärztlichen Leistung und einem darauf abgestellten Praxisaufwand begründet sein. In solchen Fällen empfiehlt sich bei der Überschreitung des Schwellenwertes eine Honorarvereinbarung.
Erstellung einer Begründung:
Die Gebühren sind anhand
– der Schwierigkeit der einzelnen Leistung,
– des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie
– der Umstände bei der Ausführung
im konkreten Fall zu bestimmen.
Schwierigkeit
Beinhaltet die Schwierigkeit des Krankheitsfalles einen Mehraufwand an Materialien und des Instrumentariums, einen erheblichen Mehreinsatz der Fähigkeiten sowie der Konzentration des Zahnarztes bezogen auf z. B. anatomische Besonderheiten, Qualitätskriterien usw.
Zeitaufwand
Ein erhöhter Zeitaufwand bezieht sich auf den im Vergleich dazu durchschnittlichen Zeitaufwand einer Leistung. Dies kann von Praxis zu Praxis unterschiedlich sein. Sind mind. Leistungen im Gebührenverzeichnis mit einer Mindestdauer (z. B. Dauer min. 25 Minuten) versehen, kann der entsprechende Zeitaufwand nur über den Steigerungsfaktor berücksichtigt werden, wenn diese Mindestdauer überschritten wird.
Umstände
Der Umstand bei der Ausführung steht für einen besonderen Aufwand, der sich nicht in der Schwierigkeit einer Leistung niederschlägt, aber Auswirkungen auf den Zeitaufwand haben kann. Es handelt sich um Sachverhalte, die nicht unmittelbar der Leistungserbringung zuzuordnen sind, aber dennoch Einfluss auf diese haben können.
Allein aus Gründen der Unwirtschaftlichkeit einer Leistung darf die Praxis den Steigerungsfaktor nicht anheben (OLG Düsseldorf, 7. Mai 1996, Az.: 4 V 43/95).
Um die Akzeptanz auf Seiten der Kostenträger zu erhöhen, sollten Begründungen angemessen formuliert werden. Folgendes Vorgehen ist empfehlenswert:
– Bewerten Sie Besonderheiten bei der Ausführung mit Adjektiven (z. B. überdurchschnittlich, erheblich oder extrem).
– Begründen Sie in vollständigen Sätzen; das trägt zum Verständnis des Sachbearbeiters bei.
– Variieren Sie den Steigerungsfaktor; Faktoren müssen individuell und leistungsbezogen sein.
Kostenerstattung
Private Krankenversicherungen erstatten in der Regel bis zum 3,5-fachen Steigerungsfaktor; im Rahmen sogenannter Altverträge oder im Fall „teurer“ Verträge ist eine Erstattungsbeschränkung häufig nicht enthalten.
Aktuell kommt es im Praxisalltag desöfteren zu zeitraubenden Diskussionen mit Patienten, weil diese Versicherungsverträge abgeschlossen haben, die ihnen nur eine Erstattung bis zum 2,3-fachen Faktor gewährleisten; ist dies der Fall, entstehen auch dem privat Versicherten „Eigenanteile“. Desweiteren entstehen Schwierigkeiten und Ärger ist vorprogrammiert, weil private Krankenversicherungen, Zusatzversicherungen oder Beihilfestellen durchaus korrekte und nachvollziehbare Begründungen nicht akzeptieren. Gemäß § 630c Abs. 3 BGB muss der Behandelnde den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform unterrichten, wenn eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist oder sich hierfür Anhaltspunkte ergeben.
Da die Praxis keinen Einblick in die individuelle Vertragsgestaltung des Patienten hat, ist es unbedingt empfehlenswert, dem Zahlungspflichtigen vor Behandlungsbeginn einen Heil- und Kostenplan auszuhändigen und diesen unterschreiben zu lassen. Sind im Vorfeld der Behandlung bereits Schwierigkeiten oder besondere Umstände zu erwarten, die zu einem höheren Zeitaufwand und so zu einer Anhebung des Steigerungsfaktors führen, sollten diese bereits im Heil- und Kostenplan aufgeführt werden.
Grenze ist erreicht: Über 30 Jahre keine Anpassung des GOZ-Punktwertes durch die Regierung!
Anders als bei Gehaltsverhandlungen in anderen Berufen werden die Entgelte für die privatzahnärztliche Tätigkeit mit der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) geregelt. 1988 dachte man, man könne so die Vergütung einfach durch eine Anpassung des Punktwertes an die gesamtwirtschaftliche Entwicklung anpassen können, doch dies wurde nie umgesetzt. Der Punktwert der GOZ wurde 1988 auf 11 Deutsche Pfennige festgesetzt, nach der Einführung des Euro wurde lediglich die Währung geändert, obwohl sich die Preise stark verändert haben. Die Zeit der Nichtanpassung des GOZ-Punktwertes beträgt somit über 30 Jahre. Seit 1988 erinnert die Bundeszahnärztekammer die Verantwortlichen in der Politik an die Notwendigkeit, eine angemessene Anhebung des Punktwertes auf mindestens 13 Cent vorzunehmen. Die Grafik zeigt anschaulich den stetigen Anstieg der Preise im gleichen Zeitraum.
Sylvia Wuttig, B.A.
Geschäftsführende Gesellschafterin
DAISY Akademie + Verlag GmbH
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Kundenmagazin up date 03/2019
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