Das Ende der Pauschalpreise

Das Ende der Pauschalpreise

Was das BGH-Urteil vom 04. April 2024 für Ärzte und Zahnärzte bedeutet

Der Bundesgerichtshof hat die Abrechnung ärztlicher Leistungen nach der GOÄ/GOZ gestärkt und Pauschalpreisvereinbarungen für nichtig erklärt. Was bedeutet das für Ihre Abrechnungspraxis?

Das Urteil:
Pauschalpreisvereinbarungen sind nichtig

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat 4. April 2024 (Az. III ZR 38/23) ein Grundsatzurteil gefällt und dabei entschieden, dass die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) auch dann Anwendung findet, wenn der Behandlungsvertrag mit einer juristischen Person, wie einem Krankenhausträger oder einem MVZ, abgeschlossen wird und die ärztlichen Leistungen von angestellten oder beamteten Ärzten erbracht werden.

Eine Pauschalpreisvereinbarung für ärztliche Leistungen, die nicht den Vorgaben der GOÄ entspricht, ist nach diesem Urteil nichtig.

Konkret ging es im entschiedenen Fall um eine Cyberknife-Behandlung, bei der eine solche Pauschalpreisvereinbarung für nichtig erklärt wurde. Dabei hat der BGH zu Gunsten der Behandlerseite jedoch klargestellt, dass die wirtschaftliche Aufklärungspflicht des Behandlers (§ 630c Abs. 3 Satz 1 BGB) nicht die Pflicht zur Aufklärung eines gesetzlich krankenversicherten Patienten über die Möglichkeit die Krankenkasse zu wechseln, um Kosten einer bestimmten Behandlung erstattet zu bekommen, umfasst.

Folgen für die Praxis

Pauschalpreisvereinbarungen entsprechen grundsätzlich nicht der GOÄ/GOZ und sind damit nichtig. Dabei kommt es weder darauf an, ob der Patient den Behandlungsvertrag unmittelbar mit seinem behandelnden Arzt abschließt oder mit einer juristischen Person (z. B. einer MVZ GmbH), die den behandelnden Arzt angestellt hat (so aber noch OLG Frankfurt mit Urteil vom 21.09.2023, Az. 6 W 69/23), noch ist entscheidend, ob die Behandlung medizinisch indiziert oder aus anderen Gründen (z. B. Ästhetik) vereinbart wird.

Die Nichtigkeit von Pauschalpreisvereinbarungen schlägt auch auf die Abrechnung bereits auf der Basis solcher Behandlungsverträge erbrachter Leistungen durch. Selbst wenn der Patient eine Pauschalpreisrechnung schon bezahlt haben sollte, kann er den geleisteten Betrag wieder zurückfordern, da der Vergütungsanspruch des Behandlers grundsätzlich erst mit Zugang einer korrekten Abrechnung nach § 12 GOÄ bzw. § 10 GOZ fällig wird.

TIPP:

Um Rechtssicherheit für die Abrechnung ärztlicher Leistungen zu schaffen, sollten Sie daher folgendes beachten:

1. Keine Pauschalpreisvereinbarungen

Wenn Sie bisher pauschal abgerechnet haben, sollten Sie Ihre bisherigen Vereinbarungen überprüfen und überarbeiten. Für zukünftige ärztliche Leistungen ist es ratsam, Honorarvereinbarungen nach § 2 GOÄ/GOZ mit dem Patienten zu schließen. Dies schafft Rechtssicherheit für die spätere Liquidation Ihrer Behandlungsleistungen.

2. Abrechnung nach GOÄ/GOZ

Rechnen Sie grundsätzlich alle Leistungen, auch wenn dieser (noch) eine Pauschalpreisvereinbarungen vorausgegangen ist, (hilfsweise) nach der GOÄ/GOZ – ggf. auch analog ab. Beachten Sie dabei, dass ohne vorherige Honorarvereinbarung nach § 2 GOÄ/GOZ der 3,5-fache Satz nicht überschritten werden darf und die Überschreitung des 2,3-fachen Satzes einer in der Rechnung ausgewiesenen Begründung nach § 12 Abs. 3 GOÄ bzw. § 10 Abs. 3 GOZ bedarf.

 

Oliver Graf
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Medizinrecht
Rechtsanwälte Semsi | Graf | Buchmüller-Reiss
Partnerschaftsgesellschaft mbB


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