Die EPA – die elektronische Patientenakte
Die digitale Revolution macht auch vor dem Gesundheitswesen nicht halt.
Mit der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) am 15. Januar 2025 wird ein bedeutender Schritt in Richtung Digitalisierung und Vernetzung des deutschen Gesundheitssystems getan. Diese Entwicklung birgt enormes Potenzial für Patienten, Ärzte und das gesamte Gesundheitssystem, wirft aber gleichzeitig Fragen zu Datenschutz, Zugriffsrechten und der praktischen Umsetzung auf.
In diesem Artikel beleuchten wir die wichtigsten Aspekte der ePA – von den rechtlichen Rahmenbedingungen über die Inhalte bis hin zu den Abrechnungsmodalitäten.
Ab 15. Januar 2025 sollen und werden alle gesetzlich Versicherten eine ePA (elektronische Patientenakte) erhalten, es sei denn, sie widersprechen.
Die elektronische Patientenakte (ePA) startet am 15. Januar 2025 erstmals nur in den Modellregionen – NordrheinWestfalen, Franken und in Hamburg. Nach der Pilotphase in diesen Regionen soll der bundesweite Roll-out der „ePA für alle“ erfolgen.
Wie können Patienten der ePA widersprechen?
Jeder Patient hat die Möglichkeit der elektronischen Patientenakte zu widersprechen.
Laut dem Digitalgesetz (DigiG) kann der Widerspruch nicht nur für die gesamte ePA, sondern auch für einzelne Bereiche möglich sein.
Automatisch mit dem Stecken der Versichertenkarte bekommt die Praxis ab dem neuen Jahr den Zugriff auf die elektronische Patientenakte des jeweiligen Patienten für 90 Tage. Der Patient hat die Möglichkeit im Nachgang über seine ePA-APP den Zugriff zu beschränken, zu verhindern, zu beenden oder auch zu verlängern.
Darüber hinaus hat der Patient die Möglichkeit über die Ombudsstelle der Krankenkassen den Zugriff zu verweigern, sofern er keine ePA-APP hat und dadurch keinen Zugriff verweigern kann. Patienten können auch einzelne Dokumente verbergen. Dies erfolgt über die ePA-APP. Die verborgenen Dokumente sind dann nur noch für Patienten sichtbar und können von Zahn- und Arztpraxen weder erkannt, noch eingesehen werden.
Müssen Ärzte die ePA befüllen?
Der Gesetzgeber hat in Paragraf 347 SGB V ausgeführt, welche Daten die Praxen in die ePA zu überführen haben. Voraussetzung ist immer, dass der Arzt oder Psychotherapeut auch Zugriff auf die ePA hat.
Wenn der Patient der ePA also nicht widersprochen und auch nicht festgelegt hat, dass er bestimmte Informationen, die der Arzt einstellen muss, nicht in seiner ePA haben will, können und müssen die Daten implementiert werden.
Was sind Inhalte der ePA?
Automatische Inhalte in der ePA (Beispiele):
Die elektronische Medikationsliste (eML) Daten der Krankenkassen (Leistungsziffern und Diagnosen)
Verpflichtung zur Befüllung der ePA (Beispiele):
Befundberichte, Laborbefunde, Befunddaten (Bildgebung), Ergebnisse genetischer Untersuchungen*, e-Arztbriefe, Medikationsplan
Befüllung der ePA auf Wunsch der Patienten (Beispiele):
Befunddaten, Diagnosen, Therapiemaßnahmen, Elektronische Patientenkurzakte, Daten aus DMP-Programmen eAU
Daten, die durch Patienten in die ePA eingestellt werden (Beispiele):
Daten der Versicherten (durch selbstständiges Hochladen der Patienten oder durch die Krankenkasse)
Wie kommen welche Inhalte in die ePA?
Daten können durch Krankenhäuser hochgeladen werden, z.B. der Krankenhausentlassbrief, durch die Arzt- oder Zahnarztpraxis (z.B. in Form eines Arztbriefes), die Daten der E-Rezeptes (die Medikationsdaten werden automatisch in die ePA geladen, diese Daten bilden die Grundlage für den Medikationsplan), Daten der Krankenkasse, sowie Daten aus möglichen digitalen Gesundheitsapps.
Besteht für die Ärzte mit dem Einsatz der elektronische Patientenakte noch die Verpflichtung zur Arztbriefschreibung?
Die Übermittlung der Behandlungsdaten und Befunde setzt gemäß § 73 Abs. 1b SGB V voraus, dass eine schriftliche Einwilligung des Versicherten vorliegt, die widerrufen werden kann.
Gibt der Versicherte auf Nachfrage keinen Hausarzt an bzw. ist eine schriftliche Einwilligung zur Information des Hausarztes gemäß § 73 Abs. 1b SGB V nicht erteilt, sind die berichtspflichtigen Gebührenordnungspositionen auch ohne schriftliche Mitteilung an den Hausarzt berechnungsfähig.
Unbeschadet der grundsätzlichen Verpflichtung zur Übermittlung von Behandlungsdaten sind festgelegte Gebührenordnungspositionen insbesondere nur dann vollständig erbracht und können nur berechnet werden, wenn mindestens ein Bericht im Behandlungsfall entsprechend der Gebührenordnungsposition 01 600 bzw. ein Brief entsprechend der Gebührenordnungsposition 01 601 an den Hausarzt erfolgt ist, sofern sie nicht vom Hausarzt selbst erbracht worden sind, es sei denn die Leistungen werden auf Überweisung zur Durchführung von Auftragsleistungen (Indikations- oder Definitionsauftrag) gemäß § 24 Abs. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) erbracht.
Bei der Leistungserbringung durch einen Arzt des fachärztlichen Versorgungsbereichs auf Überweisung durch einen anderen Arzt des fachärztlichen Versorgungsbereichs ist die Erstellung und Versendung entweder:
- eines Berichtes entsprechend der Gebührenordnungsposition 01 600 bzw. eines Briefes entsprechend der Gebührenordnungsposition 01 601 an den Hausarzt oder
- einer Kopie des an den überweisenden Facharzt gerichteten Berichts bzw. Briefes an den Hausarzt entsprechend der Gebührenordnungsposition 01 602
zusätzliche Voraussetzung zur Berechnung dieser Gebührenordnungspositionen.
Quelle: Der Kommentar zum EBM und zur GOÄ, Asgard Verlag, Wezel & Liebold, 80. Lieferung, Stand Oktober 2024
Damit unterliegen Ärzte bei ausgewählten Leistungsziffern, aber auch nach der ärztlichen Berufsordnung, nach dem Bundesmantelvertrag und dem Patientenrechtegesetz grundsätzlich einer Berichtspflicht.
Diese Berichtspflicht ändert sich durch die ePA nicht.
Vor allem auch, weil Patienten einem Arzt jederzeit den Zugriff auf die Akte entziehen können oder eigenständig Daten löschen können, ersetzt die elektronische Patientenakte die Berichtspflicht nicht.
Kommt die ePA auch für Privatversicherte?
Auch private Krankenkassen können und dürfen ihren Versicherten eine ePA anbieten, es besteht aber keine Verpflichtung.
Bei privat versicherten Patienten erfolgt der Zugriff oder die Freischaltung nicht über die Gesundheitskarte. Daher läuft der Zugriff auf die ePA hier anders als bei gesetzlich versicherten Patienten.
Per Online-Check-in mit dem Smartphone übermitteln privat versicherte Patienten ihre Krankenversichertennummer an die Praxis.
Hat der Versicherte die Praxis via ePAApp berechtigt, kann das medizinische Personal auf die ePA zugreifen.
Was genau ist die Medikamentenliste und wie unterscheidet sie sich zum Medikationsplan?
Die elektronische Medikationsliste (eML) enthlt alle Arzneimittel, die Ärzte ihren Patienten nach Anlegen der ePA per eRezept verordnen und die von der Apotheke abgegeben werden. Mit dem Stecken der Versichertenkarte bekommt die Apotheke ab dem 15.01.2025 für 3 Tage Zugriff auf die elektronische Patientenakte der Versicherten.
Die Medikationsliste enthlt vor allem verschreibungspflichtige Arzneimittel, da diese per E-Rezept verordnet werden. Es ist aber auch möglich eRezepte für OTC- Prparate, fr Privatverordnungen oder Verordnungen auf dem grnen Rezept zu erstellen, dann würden diese ebenfalls in der Medikamentenliste geführt. Die Medikationsliste wird automatisch erstellt und ist mit dem Start der ePA erstmal leer, befüllt wird sie dann nach und nach.
Neben den Verordnungsdaten werden auch die Dispensierdaten vorhanden sein.
Später soll es dann auch den Medikationsplan in der ePA geben, der die Zusammenstellung der aktuellen Medikation darstellt. Es ist geplant, dass die Praxen dann automatisch auf die Medikamentenliste zugreifen können, um den Medikationsplan zu erstellen.
Doch auch hier gilt:
Die Datenhoheit liegt beim Patienten. Die Patienten können die Medikamentenliste verbergen oder ihr widersprechen. Dies erfolgt über die ePA App oder über die Ombudsstelle der Krankenkassen.
Was stellen Krankenkassen in die ePA ein?<7h4>
Die Krankenkasse stellt die Abrechnungsdaten und Diagnosen der Patienten ein. Was im Detail eingestellt wird, bestimmt die jeweilige Krankenkasse selbst.
Enthalten sein können:
- die Gebührenordnungspositionen inklusive Punktzahl und/oder Euro-Betrag
- die Diagnosecodes mit oder ohne Zusatzkennzeichen zur Diagnosesicherheit
- Informationen zur Adresse der Praxis inklusive der Nebenbetriebsstätte,
- der Name des behandelnden Arztes oder Psychotherapeuten,
- das Abrechnungsquartal
- der Tag der Behandlung
Was passiert, wenn Eintragungen falsch sind?
Patienten haben das Recht, bei ihrer Krankenkasse eine Korrektur von falschen Diagnosen in ihrer Abrechnungsübersicht zu beantragen.
Sie benötigen dazu einen ärztlichen Nachweis, dass die Diagnose falsch ist. Die Krankenkasse muss die Korrektur dann innerhalb von vier Wochen vornehmen.
Ist es möglich, dass die ePA irgendwann „voll“ ist?
Nein, die ePA ist als lebenslange Akte gedacht, es gelten laut Aussagen der Gematik keine Größenbeschränkung.
Wo sind die die Daten der ePA gespeichert? Auf welchen Servern liegen die Daten?
Laut Gematik wird die Verarbeitung der Daten im Auftrag der Krankenkassen von zwei Anbietern übernommen. Beide Unternehmen betreiben eigene Rechenzentren, die sich in Deutschland befinden.
Wie können die Leistungen der ePA abgerechnet werden?
Erstbefüllung der EPA, GOP 01648 EBM
Sektorenübergreifende Erstbefüllung einer elektronischen Patientenakte
Obligater Leistungsinhalt
- Speicherung von Daten gemäß der ePA-Erstbefüllungsvereinbarung nach § 346 Absatz 6 SGB V in der elektronischen Patientenakte
- Prüfung, ob erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter einer Übermittlung in die elektronische Patientenakte entgegenstehen
- Prüfung und ggf. Ergänzung der zu den Dokumenten gehörenden Metadaten
Fakultativer Leistungsinhalt:
- Einholung der Zugriffsberechtigung vom Patienten zur Datenverarbeitung in dessen elektronischer Patientenakte
- Erfassung und/oder Verarbeitung und/oder Speicherung von (weiteren) Daten nach § 341 Absatz 2 Nrn. 1 bis 5 und 10 bis 13 SGB V aus dem aktuellen Behandlungskontext für eine einrichtungs-, fach- und sektorenübergreifende Dokumentation über den Patienten in der elektronischen Patientenakte im selben Behandlungsfall
einmalig je Versicherten
10,62 €
89 Punkte
- nur berechnungsfähig, wenn noch
- kein anderer Arzt oder Psychotherapeut ein Dokument eingestellt hat und er somit der Erste ist.
- sektorenübergreifend
- nur einmal je Patient berechnungsfähig
- im Behandlungsfall nicht neben den GOP 01647 und 01431 berechnungsfähig.
- die Vergütung erfolgt extrabudgetär.
01647 Zuschlag zur Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale,
Zusatzpauschale zu den Versichertenpauschalen der Kapitel 3 und 4, den Grundpauschalen der Kapitel 5 bis 11, 13 bis 16, 18, 20 bis 23, 26 und 27, zu den Konsiliarpauschalen der Kapitel 12, 17, 19, 24 und 25, den Gebührenordnungspositionen 01 320, 01 321 und 30 700 und den Leistungen des Abschnitts 1.7 (ausgenommen in-vitro-diagnostische Leistungen) im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte
Obligater Leistungsinhalt:
- Erfassung und/oder Verarbeitung und/oder Speicherung von Daten nach § 341 Absatz 2 Nrn. 1 bis 5 und 10 bis 13 SGB V aus dem aktuellen Behandlungskontext für eine einrichtungs-, fach- und sektorenübergreifende Dokumentation über den Patienten in der elektronischen Patientenakte
- Prüfung, ob erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter einer Übermittlung in die elektronische Patientenakte entgegenstehen
- Prüfung und ggf. Ergänzung der zu den Dokumenten gehörenden Metadaten
Fakultativer Leistungsinhalt:
- Einholung der Zugriffsberechtigung vom Patienten zur Datenverarbeitung in dessen elektronischer Patientenakte,
einmal im Behandlungsfall
1,79 €
15 Punkte - im Behandlungsfall nicht neben der GOP 01648 berechnungsfähig.
- die Vergütung erfolgt extrabudgetär.
01431 Zusatzpauschale zu den Gebührenordnungspositionen 01 430, 01 435 und 01 820 für ärztliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte
Obligater Leistungsinhalt:
- Erfassung und/oder Verarbeitung und/oder Speicherung von Daten nach § 341 Absatz 2 Nrn. 1 bis 5 und 10 bis 13 SGB V aus dem aktuellen Behandlungskontext für eine einrichtungs-, fach- und sektorenübergreifende Dokumentation über den Patienten in der elektronischen Patientenakte ohne persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt,
- Prüfung, ob erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter einer Übermittlung in die elektronische Patientenakte entgegenstehen,
- Prüfung und ggf. Ergänzung der zu den Dokumenten gehörenden Metadaten
0,36 €
3 Punkte - im Behandlungsfall nicht neben anderen als diesen GOP berechnungsfähig.
- nur berechnungsfähig, wenn keine Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale oder andere Leistungen abgerechnet werden.
- bis zu viermal im Arztfall berechnungsfähig, nicht mehrmals am Tag berechnungsfähig
- die Vergütung erfolgt extrabudgetär.
Quelle: Der Kommentar zum EBM und zur GOÄ, Asgard Verlag, Wezel & Liebold, 80. Lieferung, Stand Oktober 2024
Die elektronische Patientenakte ist zweifellos ein Meilenstein auf dem Weg zu einem digitalisierten und effizienteren Gesundheitssystem.
Doch wie bei jeder großen Neuerung wird auch hier die Umsetzung entscheidend sein.
Die richtigen Rahmenbedingungen, klare Kommunikation und ein sensibler Umgang mit den Daten sind essenziell, um das Vertrauen von Patienten und Leistungserbringern zu gewinnen. Die Zukunft der Gesundheitsversorgung wird digital sein – und mit der ePA können wir sie gemeinsam gestalten.
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