Die professionelle Prothesenreinigung (PPR) ist weder umsonst noch kostenlos
Laut der Vierten Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMVS IV) verliert der Mensch die meisten Zähne zwischen dem 40. und 65. Lebensjahr, im Durchschnitt 10 – 15 Zähne. Die häufigste Form der abnehmbaren Teilprothese bei Erwachsenen zwischen dem 35. und 44. Lebensjahr bildet in beiden Kiefern die kombiniert festsitzend-herausnehmbare Teilprothese. Ab dem 60. bis zum 80. Lebensjahr ist bei etwa 40 – 60 % der Bevölkerung mit einem Restgebiss zu rechnen und mehr als die Hälfte der Senioren besitzen herausnehmbare Prothesen als Hauptform des Zahnersatzes. Die Zähne im Restgebiss sollen durch regelmäßige PZR so lange wie möglich erhalten werden.
Doch wie sieht es mit der professionellen Prothesenreinigung (PPR) aus?
Laut Präambel der Festzuschuss-Richtlinie ist mit der Herstellung und Eingliederung von Zahnersatz unter anderem auch die Unterweisung des GKV-Patienten im Gebrauch von Zahnersatz inbegriffen. Für Zahnärztinnen und Zahnärzte ist das eine Selbstverständlichkeit, wobei sie ihre Patienten nicht nur über die Pflege des herausnehmbaren Zahnersatzes, sondern auch über die gründliche Pflege der noch vorhandenen Zähne kompetent aufklären. Trotzdem benötigen viele Patienten eine professionelle Unterstützung durch regelmäßige PZR und PPR, weil auch am herausnehmbarem Zahnersatz Beläge und Verfärbungen jeglicher Art entfernt werden müssen.
Genau wie die PZR, stellt auch die “Professionelle Prothesenreinigung” eine selbstständige Leistung dar, die jedoch weder im Bema noch im BEL II abgebildet ist und deshalb nicht zu Lasten einer gesetzlichen Krankenkasse abgerechnet werden kann. Als außervertragliche Leistung stehen verschiedene Berechnungs-Möglichkeiten zur Verfügung.
Vor Erbringung und Berechnung einer PPR sollten folgende Fragen geklärt werden:
- In welchem Zusammenhang soll die PPR erbracht werden
- als alleinige Leistung?
- neben einer professionellen Zahnreinigung?
- neben der Wiederherstellung von herausnehmbarem Zahnersatz?
- Durch wen soll die PPR erbracht werden:
- durch den Zahnarzt bzw. ZFA, ZMP?
- im Eigenlabor?
- im gewerblichen Labor?
Anhand der nachfolgenden Fallbeispiele sollen diese Fragen beantwortet werden:
Die professionelle Reinigung einer herausnehmbaren Prothese erfolgt immer extraoral und kann sowohl chairside als auch im Praxislabor oder im gewerblichen Labor erbracht werden.Die Berechnung sollte demnach als zahntechnische Leistung gemäß § 9 GOZ (z. B. nach der beb-Nr. 8123) erfolgen. Eine alleinige PPR stellt keine Leistung im Sinne der GOZ-Nr. 5250 bzw. der Bema-Nr. 100a (Wiederherstellung einer Prothese ohne Abformung) dar.
Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass lt. Kommentar der Bundeszahnärztekammer eine Prothesenreinigung (im Falle einer selbstständigen zahnärztlichen Leistung) auch gemäß § 6 Absatz 1 GOZ analog berechnet werden kann.
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Werden im Kontext einer extraloralen Prothesenreinigung auch die intraoralen Verbindungselemente (z. B. Stege, Geschiebe) professionell gereinigt, kann diese Leistung gemäß § 6 Absatz 1 GOZ analog berechnet werden.
Die vollständige Unterfütterung einer Teilprothese nach der Bema-Nr. 100d stellt eine Regelversorgung dar und löst auf der Laborrechnung u.a. die BEL-Nr. 809 0 aus. Durch die zusätzliche Berechnung der Prothesenreinigung (beb-Nr. 8123) und die damit verbundene Desinfektion (beb-Nr. 0732) erfolgt die Einstufung der Wiederherstellungsmaßnahme in diesem Fall als gleichartige Versorgung. Das bedeutet aber nicht, dass Regelversorgungsbestandteile (hier die Bema-Nr. 100d) nach der GOZ abgerechnet werden.
Gemäß den (bundeseinheitlichen) einleitenden Bestimmungen § 3 Absatz 3 des BEL hat eine Laborrechnung den kaufmännischen Grundsätzen der Vollständigkeit, Richtigkeit, Leistungsklarheit und -wahrheit zu entsprechen; alle tatsächlich erbrachten zahntechnischen Leistungen müssen in einer Rechnung aufgeführt werden.
Demnach muss die Unterfütterung, die Prothesenreinigung und die Desinfektion auf einer Rechnung aufgeführt werden. Nur wenige KZVen (z. B. Bayern) weichen im 3. Fallbeispiel von dieser Regelung ab und erlauben eine getrennte Rechnungsstellung (BEL bzw. beb), damit der Fall als Regelversorgung und nicht als gleichartige Versorgung, insbesondere bei den sogenannten Härtefällen, abgerechnet werden kann.
Eine Prothesenreinigung ist nie umsonst, aber einige Zahnarztpraxen betrachten sie als kostenlose „Service-Leistung“, nach dem Motto: „Tue Gutes und rede darüber“. Natürlich darf die Prothesenreinigung in diesem Fall nicht auf einer Rechnung erscheinen, auch nicht mit 0,00 Euro, denn das könnte als „unlauterer Wettbewerb“ betrachtet werden.
Sylvia Wuttig, B.A.
Geschäftsführende Gesellschafterin
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Kundenmagazin up date 02/2021
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