Unterkieferprotrusionsschiene zur Behandlung einer obstruktiven Schlafapnoe bei Versicherten der GKV
Eine Unterkieferprotrusionsschiene (UKPS) ist eine Therapieform zur Behandlung einer obstruktiven Schlafapnoe. Einfach formuliert, soll mit Hilfe einer bimaxillären „Schiene“ der Unterkiefer leicht nach vorne gelagert werden, um die Atemwege in der Nacht frei zu halten
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im letzten Jahr entschieden, dass die individuell angefertigte Unterkieferprotrusionsschiene bei obstruktiver Schlafapnoe zum 01.01.2022 in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgenommen wird und unter bestimmten Voraussetzungen als „Kassenleistung“ abgerechnet werden kann. In diesem Zusammenhang wurden die Richtlinien erweitert sowie 12 neue zahnärztliche Leistungen in den Bema und 12 neue zahntechnische Leistungen in das BEL II aufgenommen. Klingt zunächst ganz einfach, aber der Anspruch auf diese Kassenleistung ist für Versicherte der GKV äußerst eingeschränkt und an verschiedene Voraussetzungen geknüpft, über die im Übrigen der Zahnarzt nicht alleine bestimmen kann.
Voraussetzungen für die Versorgung mit einer UKPS
Diese Therapiemethode stellt nur dann eine Kassenleistung dar, wenn ein spezialisierter Vertragsarzt mit der Zusatzbezeichnung „Schlafmedizin“ oder der Qualifikation nach § 6 Abs. 2 der Qualitätssicherungsvereinbarung, die Behandlung mit einer UKPS festgestellt und verordnet hat. Dabei entscheidet ausschließlich der Schlafmediziner, ob eine Überdruckbehandlung mit einer CPAP-Maske oder die Anfertigung einer UKPS durch einen Vertragszahnarzt indiziert ist.
Liegt dem Zahnarzt eine entsprechende schriftliche Überweisung vor, kann eine weitere Untersuchung zur Prüfung der zahnmedizinischen Voraussetzungen im Sinne der Bema-Nr. UP1 erfolgen.
Dabei sind gemäß den neuen Richtlinien folgende Voraussetzungen zur Anfertigung einer UKPS erforderlich:
- eine ausreichende Fähigkeit zur Mundöffnung
- eine ausreichende aktive Protrusionsbewegungsmöglichkeit des Unterkiefers
- eine ausreichende Verankerungsmöglichkeit der Schiene
- keine der Versorgung entgegenstehenden Kiefergelenksstörungen
Kürzel: UP1
Leistungstext:
Untersuchung zur Versorgung mit einer Unterkieferprotrusionsschiene einschließlich Beratung
Abrechnungsfähig:
- nur auf Veranlassung eines spezialisierten Vertragsarztes mit „Überweisung“
- auch wenn es nicht zur Durchführung der Versorgung mit einer Unterkieferprotrusionsschiene kommt
Punkte: 27
Die Bema-Nr. UP2 ist für die Abformung und für die dreidimensionale Registrierung der Startprotrusionsposition zur individuellen Vorverlagerung des Unterkiefers für die Herstellung einer UKPS einmal abrechnungsfähig.
Kürzel: UP2
Leistungstext:
Abformung und dreidimensionale Registrierung der Startprotrusionsposition
Abrechnungsfähig: im Anschluss an die zahnmedizinische Untersuchung zur Versorgungsfähigkeit mit einer UKPS – Bema-Nr. UP1
Punkte: 49
Falls ein konfektionierter Löffel für die Abformung nicht ausreichend ist und ein individueller Löffel bzw. ein individualisierter Löffel verwendet werden muss, kann die Bema-Nr. 98a nicht zusätzlich abgrechnet werden. Das zur Individualisierung eines konfektionierten Abdrucklöffels verwendete Material kann zusätzlich abgerechnet werden. Erfolgt die Herstellung eines individuellen Löffels auf einem Modell, kann hierfür die BEL-Nr. 021 7 (Individueller Löffel UKPS) in Ansatz gebracht werden.
Eine individuell hergestellte UKPS (Bema-Nr. UP3) muss folgende Eigenschaften aufweisen:
- Zweiteilig, bimaxillär verankert, mit individuell reproduzierbarer Adjustierung
- Möglichkeit einer individuellen Nachjustierung mindestens in Millimeterschritten
Bei der Erstanpassung der Unterkieferprotrusionsschiene durch den Vertragszahnarzt erfolgt die individuelle Einstellung des Protrusionsgrads, ausgehend von regelhaft mindestens 50% der maximal möglichen aktiven Unterkieferprotrusion in Abstimmung mit dem Vertragsarzt. Gemäß Richtlinien soll der Vertragsarzt die Wirksamkeit des eingestellten Protrusionsgrades überprüfen.
Kürzel: UP3
Leistungstext:
Eingliedern einer Unterkieferprotrusionsschiene
Abrechnungsfähig:
- für eine zweiteilige, bimaxillär verankerte Unterkieferprotrusionsschiene mit individuell reproduzierbarer Adjustierung
- nur zur vertragsärztlichen Behandlung einer obstruktiven Schlafapnoe gemäß Behandlungsrichtlinie B. VI. Nr. 3
Punkte: 223
Im Zusammenhang mit der Erst-Eingliederung einer Unterkieferprotrusionsschiene kann die Bema-Nr. UP5 (Kontrollbehandlungen) nicht abgerechnet werden. Die Neuanfertigung (z. B. nach Verlust) einer Unterkieferprotrusionsschiene ist nur nach Vorlage einer neuen Überweisung möglich.
Eine Nachadaption des Protrusionsgrads im Laufe der Therapieführung (Bema-Nr. UP4) kann nur nach Abstimmung mit dem Vertragsarzt, der die Versorgung des Versicherten mit der Unterkieferprotrusionsschiene veranlasst hat, erfolgen. Die Absprache kann telefonisch, mündlich oder schriftlichen erfolgen und sollte dokumentiert werden. Eine erneute schriftliche Überweisung ist hierfür nicht notwendig.
Kürzel: UP4
Leistungstext:
Nachadaption des Protrusionsgrads
Abrechnungsfähig:
- für die Nachadaption im Rahmen der Therapieführung/-kontrolle auf Veranlassung
- und bei zahnärztlicher Indikation in Abstimmung durch einen spezialisierten Vertragsarzt
- je bimaxillärer Protrusionsschiene
Punkte: 10
Im Rahmen der Therapieführung erfolgen regelmäßige Therapiekontrollen. Zur Kontrolle mit einfachen Korrekturen (UP5a) gehört z. B.:
- Politur von rauen Stellen an der Kunststoffoberfläche
- Glätten scharfer Kanten an der Unterkieferprotrusionsschiene
- Ausschleifen von Kunststoff bei zu festsitzender Unterkieferprotrusionsschiene
- Aktivieren von Halteelementen an der Unterkieferprotrusionsschiene
Kürzel: UP5
Leistungstext:
Kontrollbehandlung einer Unterkieferprotrusionsschiene
a) gegebenenfalls mit einfachen Korrekturen – 8 Punkte
b) mit Einschleifen der Stütz- und Gleitzonen einer UP (substraktive Methode) – 12 Punkte
c) mit Aufbau der Stütz- und Gleitzone einer UP (additive Methode) – 35 Punkte
Abrechnungsfähig:
- je Sitzung
- nur bei einer Unterkieferprotrusionsschiene nach der Bema-Nr. UP3
Im Rahmen einer Kontrollbehandlung kann nur eine der Leistungen nach den Bema-Nrn. UP5a, UP5b und UP5c je UKPS berechnet werden.
Kürzel: UP6
Leistungstext:
Maßnahmen zum Wiederherstellen der Funktion oder zur Erweiterung einer Unterkieferprotrusionsschiene
a) kleinen Umfanges (ohne Abformung) – 25 Punkte
b) größeren Umfanges (mit Abformung) – 42 Punkte
c) Teilunterfütterung einer Unterkieferprotrusionsschiene – 37 Punkte
d) Wiederherstellung einer einzelnen oder mehrerer Halte- und Stützvorrichtungen – 19 Punkte
e) Wiederherstellung einer einzelnen oder mehrerer Protrusionselemente – 19 Punkte
Abrechnungsfähig:
- für Maßnahmen zum Wiederherstellen der Funktion einer Unterkieferprotrusionsschiene
- je Sitzung
- nur bei einer Unterkieferprotrusionsschiene nach der Bema-Nr. UP3
Zu den Wiederherstellungsmaßnahmen oder zur Erweiterung einer UKPS (Bema-Nr. UP6) gehören:
- Bruchreparaturen
- Sprungreparaturen
- Okklusaler Verschluss
- Ansetzen von Kunststoff bei Absplitterungen
Für die Wiederherstellungsmaßnahmen der Protrusionselemente und der Halte- oder Stützvorrichtungen können die Bema-Nrn. UP6d und UP6e in Ansatz gebracht werden. Die Teilunterfütterung einer UKPS wird nach der Bema-Nr. UP6c berechnet. Materialkosten, wie zum Beispiel Abformungsmaterial können gesondert abgerechnet werden. Hierbei sind die ggf. regionalen Vereinbarungen der Krankenkassen mit Illu: droigks / Deike Press der jeweilgen KZV zu beachten.
Fallbeispiel zu den zahnärztliche Leistungen
Erfolgen zwischen Vertragsarzt und Vertragszahnarzt während des Behandlungsablaufs und bei Nachkontrollen konsiliarische Erörterungen, können die Bema-Nrn. 181a oder 181b abgerechnet werden. Für das Aushändigen eines Befundberichts an den Vertragsarzt ist die GOÄ-Nr. Ä75 abrechnungsfähig.
Zahntechnische Leistungen nach dem BEL II zum Fallbeispiel
Behandlungsablauf für die Versorgung mit einer UKPS
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Sylvia Wuttig, B.A.
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