Vermietete Immobilien – was man unter den aktuell gegebenen Umständen beachten sollte
Nießbrauch bei Immobilien
Im Laufe des Jahres 2019 möchte ich Ihnen in meinen Beiträgen den Bereich der vermieteten Immobilien darlegen. In der letzten Ausgabe ging es um die Frage, welche Voraussetzungen für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorliegen müssen, damit diese als Einkünfte im Sinne der Einkommensteuer gelten und welche Kosten im Rahmen der Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend gemacht werden können.
Thema der heutigen Ausgabe ist ein spezieller Bereich bzgl. Vermietung von Immobilien – der Nießbrauch; Bedeutung, Voraussetzungen und welche wirtschaftlichen und steuerlichen Auswirkungen mit Nießbrauch einhergehen, möchte ich Ihnen näherbringen.
1. Nießbrauch
1.1 Definition
Der Nießbrauch ist ein nicht vererbliches und unübertragbares Recht die Nutzung aus einer Sache zu ziehen, ohne selbst Eigentümer zu sein. Diese Regelung geht über den sehr häufig genutzten Nießbrauch im Zusammenhang mit Immobilien weit hinaus. Doch in der Praxis ist die Nießbrauchgestellung bei privaten Immobilien immer noch am weitesten verbreitet. Die Gestellung des Nießbrauchs kann sowohl entgeltlich, teilentgeltlich als auch unentgeltlich ausgestaltet werden. Wir werden uns bei unserem Beispiel auf den unentgeltlichen Nießbrauch beschränken. Mit der Einräumung eines Nießbrauchs an einer Immobilie mit jährlichen Mieterträgen von 20.000 € könnten bis zu ca. 9.500 € pro Jahr an Steuern gespart werden. Dies geschieht durch Verlagerung von Einkünften auf eine andere Person. Eigentum und Nutzung des Objektes fallen auseinander.
Bei der Ausgestaltung von Nießbrauchvereinbarungen ist darauf zu achten, dass manche Werbungskosten verloren gehen können. Dies betrifft vor allem die Abschreibung auf die Immobilien und die Zinsen für noch vorhandene Darlehen, die im Zusammenhang mit der vermieteten Privatimmobilie aufgenommen wurden. Daher muss immer abgewogen werden, welche Konsequenzen mit einer solchen Gestaltung einhergehen.
1.2 Zivilrechtliche Grundlagen
Wie bereits erwähnt kann Nießbrauch sowohl an Rechten, wie auch an beweglichen oder unbeweglichen Sachen eingeräumt werden. Auch an Vermögensmassen, Unternehmen oder Geschäftsanteilen ist Nießbrauch möglich.
Nießbrauch entsteht durch ein sogenanntes dingliches Erfüllungsgeschäft. Bei Immobilien bedeutet dies Einigung und gegebenenfalls notarielle Eintragung ins Grundbuch. Sehr oft wird innerhalb der Familie ein Nießbrauchrecht an minderjährige Kinder gegeben. Dann gilt, dass neben der Vereinbarung über den Nießbrauch noch ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist, der die Kinder bei Rechtsgeschäften vertritt.
Das Nießbrauchrecht endet meist durch eine zuvor vereinbarte Bedingung, wie beispielsweise eine zeitliche Begrenzung auf einen festgelegten Stichtag. Vertraglich geregelt sollte jedoch auch der Todesfall des Nießbrauchers und Nießbrauchgebers sein.
1.3 Formen des Nießbrauchs
Nießbrauch kann in verschiedenen Formen auftreten. Die beiden gängigsten im Zusammenhang mit Immobilien sind der Zuwendungsnießbrauch und Vorbehaltsnießbrauch.
Beim Zuwendungsnießbrauch kommt es zu keiner Vermögensübertragung. Die Immobilie bleibt beim ursprünglichen Eigentümer. Es werden lediglich die Einkünfte und gegebenenfalls Kosten an den Nießbraucher übertragen. Der Eigentümer wendet somit einer fremden dritten Person den Nießbrauch zu.
Beim Vorbehaltsnießbrauch wechselt der Eigentümer. Das bedeutet, dass beispielsweise das Eigentum an der Immobilie übertragen wird, jedoch der alte Eigentümer sich den Nießbrauch vorbehält. Somit weiter die Einkünfte aus diesem Objekt erzielt und der Steuer zu unterwerfen hat.
1.4 Folgen und Ausgestaltung
Sobald der Nießbrauch eingetragen und umgesetzt ist, steht dem Nießbraucher die umfassende Nutzung des Objektes zu. Es können sowohl bei Vermögensübertragung oder Vermögenszurückbehaltung Einschränkungen auf die Gesamtnutzung vorgenommen werden. Jedoch ist zu beachten, dass der Charakter des Nießbrauchs durch solche Vereinbarungen nicht verloren geht.
Der Nießbraucher hat die Immobilie in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten. Umgestaltungen oder anderweitige Verfügungen dürfen nur mit vorheriger Zustimmung des Eigentümers erfolgen.
Die Lasten aus dem Objekt können auf den Nießbraucher komplett übertragen werden. Dies ist grundsätzlich sinnvoll, da der Eigentümer keine Einkünfte mehr aus diesem Objekt erzielt und keine Kosten mehr im Rahmen der Einkommensteuererklärung zum Abzug bringen kann. Man spricht von einem Netto-Nießbrauch, wenn die Lasten beim Nießbraucher
liegen. Ein Brutto-Nießbrauch liegt vor, wenn die Last durch den Eigentümer
(Nießbrauchgeber) getragen werden. Lasten sind beispielsweise die
Grundsteuer für das Objekt oder die Verpflichtung Renovierungskosten zu
übernehmen.
1.5 Steuerliche Folgen aus dem Nießbrauch bei Grundstücken
Durch die zivilrechtliche Einrichtung des Nießbrauchs stehen dem Nießbraucher die Erträge aus dem Nießbrauch zu. Regelmäßig stellt sich dann noch die Frage, wer jedoch die Kosten zu tragen hat und diese, sowie auch die Abschreibung aus dem Objekt, steuerlich geltend machen kann.
Diese Fragen müssen bereits bei der vertraglichen Ausgestaltung des Nießbrauchs zwischen dem Nießbrauchgeber und dem Nießbrauchnehmer geregelt werden. Davor sollte eine Analyse der wirtschaftlichen Interessen und steuerlichen Auswirkungen vorgenommen werden. Dafür ist jedes Objekt und die Situation der beiden Beteiligten genauestens zu bewerten, damit keine ungewollten Auswirkungen entstehen. Da ein Nießbrauch meist zwischen nahen Angehörigen umgesetzt wird, ist immer zu beachten, dass die Gestaltung klar vereinbart, ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt wird. Ansonsten besteht die Möglichkeit, dass der Nießbrauch zivilrechtlich eingetragen ist, steuerlich aber verwehrt wird, da es an der ernsthaften Durchführung fehlt.
Im Jahr 2013 hat sich die Finanzverwaltung zu dem Bereich Vermietung und Verpachtung im Zusammenhang mit einem Nießbrauch erneut ausführlich geäußert. Wir gehen im Folgenden wieder gezielt auf die beiden gängigsten Gestaltungen ein.
1.5.1 Einkünfteerzielung
Die Einkünfte werden der Person zugerechnet, welche den Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllt. Dies bedeutet, dass die Person, auf die die Einkünfte fallen sollen, die vollen Besitz- und Verwaltungsbefugnis innehaben muss. Sie muss die tatsächliche Nutzung aus dem Objekt ziehen, es in Besitz haben und dieses verwalten. Im Zusammenhang mit vermieteten Immobilien ist es zudem wichtig, klar zu regeln, wer Träger von Rechten und Pflichten ist und die Wohnung oder das Haus anderen gegen Entgelt zur Nutzung überlässt. Zwischen dem Vorbehaltsnießbrauch und dem Zuwendungsnießbrauch gibt es wesentliche Unterschiede, die zu beachten sind.
1.5.2 Vorbehaltsnießbrauch
Beim Vorbehaltsnießbrauch bleibt der Eigentümer grundsätzlich Vermieter des Objektes. Die Immobilie geht an den Erwerber über. Der Nießbrauch wird im Rahmen der Übertragung eingetragen und belastet somit das Grundstück. Diese Variante dient in vielen Fällen der vorgezogenen Vermögensübertragung zwischen Kindern und Eltern. Unabhängig davon, ob die Übertragung unentgeltlich erfolgt, stellt der Nießbrauch beim Erwerber keine Anschaffungskosten dar.
1.5.2.1 Rechtsfolgen beim Nießbraucher
Dem Nießbraucher werden die gesamten Mieteinkünfte zugerechnet. Somit erzielt er weiter Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und kann im Rahmen der Einkommensteuererklärung die gesamten, im Zusammenhang mit dem Gebäude stehenden Werbungskosten, in Abzug bringen. Da er das Gebäude ursprünglich gebaut oder erworben hat, stehen ihm auch weiterhin die Abschreibungen wie als Eigentümer zu. Je nach Ausgestaltung der Nießbrauchvereinbarung sind die Lasten durch den Nießbraucher oder den neuen Eigentümer zu tragen. In den meisten Fällen wird es sinnvoll sein, dass die Lasten durch den Nießbraucher in vollem Umfang übernommen werden. Es geht bei dieser Gestaltung meist um die frühzeitige Vermögungsübertragung.
1.5.2.2 Rechtsfolgen beim neuen Eigentümer
Der neue Eigentümer hat ab dem Zeitpunkt der Übertragung das Eigentum an dem Objekt. Ansonsten stehen ihm weder Mieteinnahmen noch Werbungskosten oder die Abschreibung zu.
1.5.3 Zuwendungsnießbrauch
Der Zuwendungsnießbrauch ist anders gelagert. In diesem Fall bestellt der Eigentümer zu Gunsten eines fremden Dritten Nießbrauch an einem Grundstück. Meist sind die fremden Dritten die Kinder des Nießbrauchgebers bis zur Beendigung des Studiums. Der Zuwendungsnießbrauch zielt nicht auf die Verlagerung von Vermögen ab, sondern auf die Verlagerung von Erträgen. Hierbei geht es um die Optimierung der Einkommensteuerbelastung im familiären Verbund. Der Zuwendungsnießbrauch kann entgeltlich, teilentgeltlich oder unentgeltlich gewährt werden. Die meist gewählte Form bei Immobilien ist die unentgeltliche Variante. Der Zuwendungsnießbrauch ist nicht notwendigerweise notariell zu beurkunden. Es kann ausreichend sein, wenn gegenüber den Mietern des Objekts die Übertragung der Mietverhältnisse offengelegt wird. Zudem müssen die Mieter selbstverständlich alle Mieterträge auf ein neu zu benennendes Bankkonto des Nießbrauchnehmers ab Beginn des Nießbrauchs überweisen.
1.5.3.1 Folgen beim Nießbraucher
Ab dem Zeitpunkt der Gewährung und Umsetzung des Nießbrauchs sind ihm die Einnahmen zuzurechnen. Damit erzielt der Nießbraucher Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und hat diese im Rahmen der jährlichen Einkommensteuererklärung zu erklären. Da kein Kauf oder kaufähnliches Geschäft vorliegt, hat der Nießbraucher keine Kosten für das Objekt aufgewandt. Eine Abschreibung ist im Rahmen der Steuererklärung nicht zu erfassen. Durch die steuer- und zivilrechtlichen Vorschriften, dass das Objekt durch den Nießbraucher verwaltet und bewirtschaftet werden muss, sind durch diesen diverse Werbungskosten geltend zu machen. Die genaue Abgrenzung ist in der Vereinbarung aufzunehmen. Um einen annähernd optimalen steuerlichen Effekt zu erzielen, sollte das Objekt in einen möglichst guten bis sehr guten Zustand zur Verfügung gestellt werden. Es ist nicht sinnvoll, dass durch den Nießbraucher Renovierungsarbeiten durchgeführt werden müssen, die bekannt oder absehbar waren, wenn der Nießbrauchgeber Einkünfte und Erträge verlagern möchte.
1.5.3.2 Folgen beim Nießbrauchgeber
Er hat aus dem nun mit dem Nießbrauch belasteten Objekt keine Einkunftserzielungsabsicht mehr. Somit entfällt die Möglichkeit des Abzugs von Werbungskosten im Rahmen der Steuererklärung. In vielen Fällen geht die Abschreibung auf ein solches Objekt verloren.
1.6 Exkurs Schenkungsteuer
Das Einräumen eines Nießbrauchrechts auf einen fremden Dritten geht meist mit der Folge einer Schenkung einher. Daher sollten die Freibeträge zwischen den Beteiligten betrachtet werden. Hierzu eine kurze, unvollständige Übersicht.
Schenkungen an:
Ehegatten 500.000 €
Kinder 400.000 €
Enkelkinder 200.000 €
Eltern (nicht im Todesfalle) 20.000 €
Neffen und Nichten 20.000 €
Durch eine sorgfältige Planung und Analyse der familiären Gesamtsituation kann man die alle zehn Jahre zur Verfügung stehenden Freibeträge für Schenkungen mehrfach nutzen.
1.7.1 Kalkulationsbeispiel Zuwendungsnießbrauch
Um die steuerlichen und wirtschaftlichen Folgen zu betrachten, soll folgendes Beispiel die Möglichkeiten der Gestaltung darstellen:
Wir nehmen an, dass ein Ehepaar mit einem Kind ein Einkommen ohne Vermietung und Verpachtung über 110.000 € erzielt. Damit läge dieses bereits im Spitzensteuersatz von 42% Einkommensteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Zudem liegt ein Mietobjekt vor, für welches die folgenden Annahmen gelten:
Mieterträge pro Jahr 20.000 €
Abschreibungen 2.000 €
Zinsen 1.000 €
Nicht umlagefähige Kosten 1.000 €
Die umlagefähigen Nebenkosten sind neutral und daher für die Betrachtung nicht relevant, da diese vom Mieter über die Nebenkostenabrechnung wieder erstattet werden. Anstehende größere Reparaturen sollten nach dem Einräumen des Nießbrauchs möglichst keine mehr anfallen. Daher kann man von den regelmäßigen Einnahmen und Kosten für die Kalkulation ausgehen.
Damit hätten die Ehegatten in ihrer Steuererklärung einen Überschuss aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 16.000 € zu erklären.
Mieterträge pro Jahr 20.000 €
Abschreibungen – 2.000 €
Zinsen – 1.000 €
Nicht umlagefähige Kosten – 1.000 €
Überschuss 16.000 €
Aus diesen Einkünften ergibt sich eine Steuerbelastung in Höhe von ca. 7.500 €. Sofern die Einkünfte durch einen eingeräumten Zuwendungsnießbrauch auf das Kind übertragen werden, entsteht bei diesem Einkünfte in Höhe von 19.000 €.
Mieterträge pro Jahr 20.000 €
Abschreibungen 0 €
Zinsen 0 €
Nicht umlagefähige Kosten -1.000 €
Überschuss 19.000 €
Je nach Gesamtsituation beim Kind fallen auf diese Einkünfte zwischen 0 € bis zu 2.500 € an Steuern an. Innerhalb der Familie werden damit zwischen 5.000 € bis 7.500 € an Steuern pro Jahr gespart.
2. Fazit
Sowohl der Vorbehaltsnießbrauch als auch der Zuwendungsnießbrauch werden in der Praxis noch zu selten als Gestaltungsmittel genutzt. Speziell der Zuwendungsnießbrauch wird in der Regel von den Beratern nur partiell angesprochen. Dabei ist eine wie oben beschriebene Gestaltung, wenn sie frühzeitig umgesetzt wird, ein sinnvolles Mittel, um Steuern sparen zu können; in einzelnen Fällen kann so eine Ersparnis von weit über 100.000 € möglich sein. Achten Sie also darauf, ob Sie im Besitz Ertrag bringender Immobilien sind und sprechen Sie Ihren Berater direkt darauf an.
Mike Gottstein, Steuerberater
Fachberater für Gesundheitswesen (IBG GmbH/HS Bremerhaven)
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Kundenmagazin up date 02/2019
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